Kleinblittersdorf aus der Luft (Foto: SR)

Kleinblittersdorf: Anwohner und Gemeinde streiten über Erschließungskosten

Felix Schneider   30.04.2024 | 19:53 Uhr

In der Gemeinde Kleinblittersdorf wurde Anfang der 70er Jahre ein Neubaugebiet geplant. Und das ohne Erschließungskosten für die Bauherren. Doch jetzt, 50 Jahre später, kriegen die Hausbesitzer plötzlich doch eine Rechnung für die Erschließung ihrer Grundstücke.

Die Wintringer Straße in Kleinblittersdorf. Wo heute ein Wohngebiet ist, war in den 70er Jahren noch eine reine Ackerfläche. Die Gemeinde wollte das Gebiet damals baulich erschließen und bot den Grundstückseigentümern einen Tausch: Ackerland gegen Bauland.

Eine von ihnen war Marianne Niederländer: "In diesem Vertrag wurden fünf Grundstücke übertragen und davon zwei Grundstücke, bei denen keine Ausbaugebühren, Projektionskosten zu zahlen waren."

Jetzt, knapp 50 Jahre später, ist der Endausbau in einigen Straßen umgesetzt. Bei den Anwohnern landen Kostenbescheide im Briefkasten: Die Gemeinde Kleinblittersdorf verlangt nun doch Erschließungskosten, zwischen 20.000 und 40.000 Euro pro Grundstück.

Video [aktueller bericht, 30.04.2024, Länge: 3:42 Min.]
Streit um Erschließungskosten zwischen Anwohnern und Gemeinde in Kleinblittersdorf

Anwohner entsetzt über Kosten

Das sorgte für Entsetzen bei den Anwohnern: "Ich habe die Welt nicht mehr verstanden, denn ich bin von der Rechtslage ausgegangen, die die Gemeinde immer wieder bestätigt hatte. Ohne diese Verträge wäre dieses Baugebiet nie geschaffen worden," so Niederländer. Aus ihrer Sicht ist das ein klarer Bruch der Abmachung. Eine Beitragsfreiheit sei notariell zugesichert gewesen.

Gemeinde sieht sich im Recht

Die Gemeinde Kleinblittersdorf dagegen argumentiert, dass dies nicht für die endgültige Erschließung gelte, also Straßen und Gehwege. Leistungen aus dem Vertrag sei man nachgekommen. Etwa durch die Aufwertung von Ackerland zu Bauland.

"Diese Tauschverträge beziehen sich alle auf die Ersterschließung. Das bedeutet auf Vermessungs- und Projektierungskosten. Und auf die erste Vorausleistung. Es war ja zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen, wie hoch die tatsächlichen Erschließungskosten mal sein werden. In diesen Tauschverträgen war auch nichts anderes gemeint", sagt Rainer Lang, der Bürgermeister von Kleinblittersdorf.

Anwohner gehen rechtlich dagegen vor

Die Anwohnerin hat sich juristischen Beistand geholt. Aus der Sicht des Rechtsanwalts Hans-Georg Warken hat ein ungültiger Vertrag Folgen. "Die Gemeinde hat sich schadensersatzpflichtig gemacht, weil die Bürger es damals nur eingeworfen haben, unter der Vorgabe, dass sie bestimmte Anliegergrundstücke beitragsfrei erhalten können. Das ist der Punkt, bei dem wir meines Erachtens nach bis ans BVerfG gehen müssen."

Gemeinde bietet Ratenzahlung an

Die Gemeinde will nach eigenen Angaben den Anwohnern mit Stundungen und Ratenzahlung entgegenkommen. Bürgermeister Rainer Lang: "Es gilt die Abgabengleichheit und -gerechtigkeit. Das ist das oberste Gebot in der Abgabenordnung. Wir müssen das tun, weil wenn nicht, würden wir zuwider der Gesetze und Steuerzahler handeln. Denn die müssten das zahlen."

Eine Einigung zwischen beiden Parteien ist nicht in Sicht. Die Auslegung der Formulierung müssen nun Gerichte prüfen, erste Instanzen haben der Gemeinde Recht gegeben. In weiteren Ausbaugebieten könnten bald ähnliche Probleme aufkommen.

Über dieses Thema berichtet auch der aktuelle bericht am 30.04.2024.


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